Am 13. März 1986 war Wien Schauplatz einer spektulären Flucht. Die einige Jahre zuvor von Nordkorea entführten Südkoreaner Shin Sang Ok (신상옥) und die Schauspielerin Choe Un Hee (최은희), schafften es in ihrem Taxi nordkoreanischen Agenten abzuschütteln und fanden vor den Toren der amerikanischen Botschaft ihren Weg in die Freiheit.
Ebenfalls mit Wienbezug, aber vergessen hingegen ist die traurige Geschichte des südkoreanischen Studenten Lee Jae Hwan (이재환) welche sich im darauffolgenden Jahr ereignete. Der zu dem Zeitpunkt 25-jährige Doktorratsstudent an der renommierten MIT Sloan School of Management verschwand nach einem Flug nach Wien unter ungeklärten Umständen. Generell wird von einer Entführung durch nordkoreanische Agenten ausgegangen, wobei ein Überlaufen aus eigenem Willen nicht mit Sicherheit ausszuschließen ist.
Lee verbrachte die Zeit vom 22.05.1987 bis 17.07.1987 auf einer Europareise mit Kommilitonen. Bereits 3 Tage nach seiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten brach er mit Pan Am Flug 046 wieder nach Wien auf. Nach seiner Ankunft in Wien verlor sich seine Spur, ehe er am 8. August 1987 vom nordkoreanischen Staatsfernsehen als Überläufer präsentiert wurde. Er gab an dass er von der südkoreanischen Gesellschaft und der kapitalistischen Welt disillusioniert sei.
Die Entführung kann als Teil der Propaganda- und Terrorkampagne gegen die politischen Umbrüche Südkoreas im Juni 1987, und die Vergabe der Olympischen Spiele 1988 an Seoul gesehen werden. Zusätzlich unterstützt wird diese Sichtweise durch die familäre Herkunft von Lee. Sein Vater Lee Yong Uk (이용욱) war Abgeordneter der Minjeong Partei (민정당).
Entfuehrung von südkoreanischen Staatsbürgern durch Nordkorea waren nicht ungewöhnlich. Allein im Jahr 1987 fanden insgesamt 13 Entfuehrungen statt. Neben Propagandazwecken wurden südkoreanische Bürger für die Ausbildung von Spionen herangezogen.
Nordkoreanische Journalisten übermittelten seiner Familie im Jahr 1988 die Nachricht, dass Lee in Nordkorea eine Familie gegründet habe. 11 Jahre späte berichtete der südkoreanische Geheimdienst über die Inhaftierung Lees in einem Lager für politische Gefangene nach einem fehlgeschlagenen Fluchtversuch aus Nordkorea. Die Hoffnung seiner Familie Lee im Rahmen einer Familienzusammenführung im Jahr 2001 lebend sehen zu können wurden durch ein Telegramm erschüttert. Der kurze Inhalt: “Lee Jae Hwan verstorben”.
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